Verleger Lobo
Auf der AKEP Jahrestagung (Arbeitskreis Elektronisches Publizieren des Börsenvereins des deutschen Buchhandels) hat Rotschopf Sascha Lobo die Eröffnungsrede (“Keynote”) gehalten. Mit sehr offensiven Thesen und einer Ankündigung.
Das klingt und ist sicherlich beides illusorisch (er hat noch mehr gesagt), aber der Grundgedanke ist richtig: Die digitale Technik basiert auf Kopien, es gibt in dem Sinne keine Originale. Jeder Download ist eine identische Kopie und jeder Versuch eines Kopierschutzes zum scheitern verurteilt. Denn er basiert darauf dass das Produkt gesperrt (verschlüsselt) wird. Man muss dem legitimen Käufer aber zwangsläufig den Schlüssel für das Schloss geben. Und somit ist der einzige Schutz gegen das kopieren das Vertrauen darin dass der Schlüssel nicht missbraucht wird. Cory Doctorow hat das schon 2001 ausgeführt (lesenswert!):
This is the Achilles’ heel of all content protection schemes based on encryption: the display device must contain the decryption key in order to work.Auch der zweite Punkt, ein Buchpreis von 0€ ist erstmal illusorisch.
Aber man kann/sollte ihn anstreben. Geld verdienen nicht (weniger) mit dem Buch selbst sondern mit dem drumrum. Zusatzangebote, Services, die man eben nicht einfach so raubkopieren kann. Das geht sicher nicht mit jedem Buch. Oder vielleicht sollte man sagen: wir können uns noch nichts für jedes Buch vorstellen. Das muss nicht so bleiben…
Auch wenn das vorerst alles nicht in Gänze erreicht werden kann (der Verzicht auf DRM schon!) so muss die Branche doch zumindest in diese Richtung denken. Der Preis des Buches muss nicht maximiert werden. Es ist der Wert für den Kunden der maximiert werden muss. Denn dafür ist er bereit zu zahlen. Und über 500 Jahre nach Gutenberg ist die Verfügbarkeit des Buches kein Selbstwert mehr. Statt zu versuchen die Vergangenheit zu erhalten muss sich praktisch jede Branche an die Gegenwart anpassen um die Zukunft gestalten zu können. Die digitale Technik und das Internet sind da und gehen auch nicht mehr weg. Den Buchdruck hat auch niemand aufhalten können.
Aber Lobo stand nicht nur als Realitätsfremder Besserwisser auf der Bühne, er hat auch angekündigt zusammen mit Christoph Kappes einen eigenen Verlag zu gründen. Mit Sobooks will er seine Thesen umsetzen. Ich bin gespannt wie weit die Beiden kommen, auch wenn wir nicht schon morgen Bücher für 0€ + Zusatzdienstleistungen haben ist es an der Zeit dass sich die Verlage an die Realität der Gegenwart anpassen. Wenn die bestehenden das nicht können oder wollen dann muss es eben neue geben.
Kommentare
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Sam am :
Die Leute sind bereit, für E-Books Geld zu bezahlen.
Aber bitte nicht den Preis, den ein Papierbuch kostet, bei dem ja der Druck, der Versand und alle Zwischenhändler zusätzlich bezahlt werden müssen.
Die Verlage schießen sich mit den hohen E-Book-Preisen selber ins Aus. Statt kräftig zu verdienen, den Leuten zu bieten, was sie kaufen wollen, weigern sie sich mitzuspielen, versuchen den E-Book-Markt zu ignorieren und so zu tun, als gäb es ihn nicht, indem sie zu völlig überhöhten Preisen dort anbieten.
Und dann wundern sie sich, wenn neue Konkurrenten auf dem Markt erscheinen, die das besser und billiger machen und dabei auch noch mehr verdienen.
Steffen am :
Ich gebe zu bedenken, dass die ursprüngliche Bedeutung von “Copyright” ist, dass jemand vorübergehend das alleinige Kopierrecht bekam. Auch schon vor 300 Jahren konnte man die Inhalte von Büchern kopieren, ohne dem Autor etwas Physikalisches wegzunehmen. Jeder der eine Druckmaschine hatte, konnte alles kopieren. Das Prinzip der Druckmaschine ist die Kopie. Und Bücher sind nicht verschlüsselt.
Frank am :
Also ich möchte keine Bücher für 0€. Und für gute EBooks würde ich zahlen. Wie oben geschrieben zwar nicht den Preis für Druckkosten etc., aber für anständige Inhalte den AUTOR bezahlen ist gut.
Versandt für 0€ fand ich anfangs cool. Aber wenn man jetzt sieht, was hier in der Provinz für UnService bei der Zustellung von Paketen und sonstiger Post abgeliefert wird, sollte das ein Denkanstoß für die Forderung nach 0€ Büchern und EBooks sein. Da kann man was draus lernen und übernehmen…
Frank schrieb auch: Teile eines git Repositorys per FTP veröffentlichen